Lübeck – Lwiw (oder ukrainisch L´viv) hin und zurück, Reise in ein Kriegsgebiet

Dank den vielen, einzelnen Spender*innen , der Lübecker Flüchtlingshilfe,, Landwege,, Pder raxis ohne Grenzen, Cafe WuT sowie der Firma Ewe aus Braunschweig.

In der polnischen Stadt Lublin, 150 km von der polnisch-ukrainischen Grenze entfernt, treffen wir auf viele freiwillige Helfer*innen, die Geflüchtete vom Bahnhof abholen, in Hotels und Sammelunterkünfte bringen oder zur Weiterfahrt leiten und versorgen.

Auch direkt an der Grenze befinden sich an der Straße Zelte, in denen die Menschen, die an der ukrainischen Seite mit Bussen abgesetzt werden und zu Fuß die Grenze überqueren, empfangen und versorgt werden. Kein Militär, keine Polizei, die unser Auto nach  Geflüchteten durchsucht wie noch vor drei Monaten auf dem Weg zur polnisch-belarussischen Grenze.

Nur wenige Fahrzeuge wollen die Grenze in Richtung Ukraine überqueren. Für den Grenzübertritt herrschen die alten Regeln, auch im Kriegszustand: keine Medikamenteneinfuhr, nur Fahrzeuge deren Fahrzeughalter mitfährt. Deshalb verladen wir unsere Medikamente in den Wagen einer polnischen Ärztin, die auch zum Bahnhof nach Lwiw fährt. Mit dem Firmenwagen dürfen auch wir nach vier Kontrollen des Wagens und der Papiere passieren.

Beidseits der holprigen Straße versperren Sandsäcke und Autoreifen Feldwege. Straßensperren sind vorbereitet, vor Ortschaften  sehen wir Wälle mit eingelassenen Schießscharten, ältere Männer mit alten  Gewehren wärmen sich an Feuertonnen. Können so Putins Panzer aufgehalten werden? Alles an dieser Szenerie lässt uns zweifeln.

Vor der Stadt Lwiw passieren wir Panzersperren und burgartige Gebilde aus Sandsäcken, Kontrollen, vor denen sich die Autos stauen. Ohne Internet irren wir mit unserem Bus durch schmale Straßen der Altstadt von Lwiw mit ihren breiten Boulevards, mit Straßenbahnen, vorbei an Denkmälern und  wunderschönen  Altbauten und  Kirchen. Dazwischen geht der Alltag weiter.

Erst an dem weiträumig abgesperrten und stark bevölkerten Bahnhofsvorplatz von Lwiw holen uns die Auswirkungen des Kriegsgeschehens wieder ein. Menschen aus allen Regionen der Ukraine strömen mit Rollkoffern oder einem kleinen Rucksack und Plastiktüten aus oder in den Bahnhof.

Sie sind auf der Suche nach einem Weitertransport zur Grenze, oder wollen sich an einem der vielen Stände versorgen lassen, an einer der Feuertonnen wärmen, neue Informationen und Hilfe  bekommen.

Durch die Versorgungsstände, Hinweisschilder und Lautsprecherdurchsagen scheint die Verteilung von Hilfsgütern, der kurze Aufenthalt und die Weiterreise der Menschen gut organisiert. Wir erleben eine aktive, sehr freundliche Atmosphäre mit Musik, unterbrochen von lauten Durchsagen. Nur im direkten Gespräch mit denen, die das Land verlassen wollen, hören wir von der Sorge um die Zurückgelassenen, von den Bombendetonationen und der Angst.

Am Zelt für Spendenabgaben werden wir von einer jungen Frau  gefragt, warum wir gekommen sind. Keine ganz leichte Frage. Aber dann lautet die Antwort: um zu helfen und um aus der eigenen Ohnmacht herauszukommen. Eine Welle von Dankbarkeit schwappt uns entgegen.

Freiwillige helfen beim Entladen des Firmenwagens und schaffen Platz für die Mitnahme von Flüchtlingen.

Beim Ausladen  der Krücken denke ich an die Verletzten, die sie in Zukunft benutzen werden. Ein paar Meter weiter, vor dem Bahnhofseingang, werden Soldaten gefilmt und fotografiert. Sie verabschieden sich von ihren Lieben um an ihren Einsatzort zu fahren und ihr Land an der Waffe zu verteidigen.

Mit einer vom Informationsstand vermittelten Familie fahren wir wieder aus der Stadt. Hoffentlich bleibt sie so heil und schön, wie sie jetzt ist. 

Nach fünf Stunden, vielen Kontrollen auf der polnischen Seite, passieren wir die high tech-Schengengrenze. Dahinter werden die Geflüchteten mitten in der Nacht fürsorglich und  freundlich von freiwilligen Helfer*innen aus Polen, Spanien, England … und der Ukraine empfangen, versorgt, können in einem Internetwagen ihre Verwandten anrufen, werden von Bussen oder privaten Fahrzeugen mitgenommen  oder können in einer 40 km entfernten Schule schlafen.

„Ich studiere in Polen und wollte nach Hause fahren, da brach der Krieg aus. Für meine Eltern habe ich alles organisiert, aber sie wollen nicht flüchten. Sie wollen sich verteidigen.“ Ähnliche Aussagen hören wir auch von unseren Mitreisenden. „Meine Mutter wollte, dass wir nach den ersten Bomben fliehen. Meine Großeltern sind geblieben um zu kämpfen.“

Vermittelt durch eine englische Helferin  nehmen wir noch eine Frau und ihre herzkranke Freundin mit, die nach Hannover muss, um dort medizinisch versorgt zu werden. Morgens um vier Uhr halten wir für eine Pause an einer Autobahnraststätte. Auf einer beleuchteten Fläche unter freiem Himmel gibt es diverse Verkaufsstände, Kleiderständer mit Kindersachen. Geflüchtete aus fünf angekommenen Bussen und vielen Privatfahrzeugen werden mit Spenden von Zahnpasta bis Tee von Freiwilligen versorgt.

Hoffentlich hält diese große Hilfsbereitschaft an. Hoffentlich gilt sie bald auch Geflüchteten aus allen Ländern.

Humanistische Union Lübeck

Bettina Papenhagen und Helga Lenz

Hilfstransport von Lübeck in das polnisch- belarussische Grenzgebiet

Zu zweit fahren wir mit einem kleinen Transporter und den Spenden der Humanistischen Union Lübeck, der Lübecker Flüchtlingshilfe Schuppen F ,„wir packen’s an e.V.“ Brandenburg  und Slubfurt e.V. Frankfurt a. Oder, Richtung polnisch, belarussische Grenze.

In unserem Hotel in Bialystok treffen wir auf Bereitschaftspolizei, die dort auch übernachtet und mit fünf vergitterten Kleinbussen auf ihren Einsatz wartet.

Am nächsten Morgen geht es mit unserem Auto auf kleinen, vereisten Straßen, gesäumt von                 

undurchdringlichem Wald und Moorgebiet weiter, bis zu einem kleinen Dorf, 3 km vor der Sperrzone an der Grenze, im Naturschutzgebiet. Dort sollen die Spenden übergeben werden: Schlafsäcke, warme Kleidung, Mobilephone und Lebensmittel.

Doch selbst an den kleinen Straßen befinden sich Polizeikontrollen und immer wieder kommen uns Militärfahrzeuge entgegen. Kurz vor unserem Ziel sehen wir 7 Polizeiwagen, besetzt mit Polizist:innen in Zivil. Das Holzhaus vor dem Sperrgebiet erreichen wir dennoch unbehelligt.

Nach dem Ausladen und Coronatest können wir am warmen Ofen sitzend mit den gut organisierten, ehrenamtlichen Helfer:innen sprechen. Eine Sanitäterin, ein Arzt, eine Bankangestellte, ein Fotograf Student:innen, Jurist:innen. Gerade sind wieder zwei von ihnen zur Suche in den Wald des Sperrgebiets aufgebrochen.

Heute Abend werden außerdem die mitgebrachten Schlafsäcke, Jacken und Handschuhe und weiteren Spenden aus Lübeck und Brandenburg an die im Sperrgebiet wohnenden Helfer:innen zur Weitergabe an Geflüchtete verteilt.

In dieser Region gibt es viel Rückhalt aus der Bevölkerung. Es leben hier viele orthodoxe Christ:innen, die polnische Regierung ist hingegen bekanntlich katholisch. Widerstand hat hier Tradition. Daher sind hier nicht wenige Häuser durch ein grünes Licht gekennzeichnet, damit die Geflüchteten wissen, dass sie dort Hilfe bekommen. 

Doch wie in Bosnien und Ungarn ist auch hier Helfen verboten! In dem Demarkationsstreifen von drei Kilometern entlang der Grenze zu Belarus dürfen keine Ärzte und Ärztinnen, keine Hilfsorganisationen Geflüchtete, die durch den Wald und das Sumpfgebiet irren, versorgen oder behandeln. Für die unterstützenden Einwohner:innen des Sperrgebiets und andere Helfenden gibt es ein Jurist:innennetzwerk. Vor drei Wochen durchsuchten 20 Militärs ein „grünes“ Haus ohne Geflüchtete zu finden.

Foto: Soja Photography

Seit einer Woche kommen nur noch wenige Geflüchtete. Es sind inzwischen minus 5 bis minus 8 Grad und es wird immer schwieriger, draußen zu überleben. Und wahrscheinlich, so vermuten die Helfer:innen, wird die Route vom belorussischen Militär Richtung Litauen geändert, denn die polnische Grenze ist mit ca. 20.000 Soldat:innen, Polizei,  Ranger:innen und Freiwilligen  „gut“ gesichert. 

Hinzu kommen noch Ranger:innen, aus den Naturschutzgebieten. Besonders gefährlich sind die freiwilligen Volontär:innen, die sich schon 2014 als Söldner:innen in der Auseinandersetzung mit der Ukraine „verdient“ gemacht haben. Nach fünf Tagen Training werden diese Freiwilligen mit Uniform und Maschinenpistole sowie Wärmebildgeräten an die Grenze geschickt. „Das sind meist Rechtsradikale, die sind auch für Flüchtlingshelfer:innen gefährlich. Hier haben sie uns die Autoscheiben eingeschlagen und Reifen zerstochen.“ sagt eine Helferin.

Der Helfer Juri ist schon seit Oktober an der Grenze aktiv. Er hat einen Geflüchteten versorgt, der schon 22 Mal von den polnischen „Grenzschützern“ zurück zur belarussische Grenze geschickt und dann wieder von Belarus mit den Worten „geh nach Polen oder Du stirbst“ zurück gestoßen wurde.

Er berichtet auch von einer Mutter, deren Säugling an der Grenze in Berlarus starb, von Belarussen verscharrt wurde und die Frau zum Grenzübertritt gezwungen wurde.  Von den Geflüchteten erfuhr er, dass diese in Belarus 100 Euro zahlen müssen, um ein Handy aufzuladen, das zur Orientierung im Wald aber auch für die Kontaktierung mit Schleppern lebenswichtig ist. Schlepper:innen sind auch hier, wie inzwischen fast überall In Europa, wo legale Einreise, um Asyl zu beantragen, entgegen europäischem Recht, von jeweils nationalen Regierungen unmöglich gemacht wird, gut im Geschäft. An dieser Grenze gibt lang erprobte Strukturen des Waffen-, Drogen- und Menschen-handels.

Balkanroute

Hilfstransport für Geflüchtete an der Balkanroute

Die Lübecker Humanistische Union ist Bündnispartner einer Initiative des Aachener Netzwerks für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit e.V., die Geflüchtete in Bosnien durch Hilfsgüter und politische Arbeit unterstützt. Mit mehreren Geld- und Sachspenden konnten wir helfen, Hilfslieferungen mit warmer Kleidung und Geld für Medikamente und Lebensmittel zu den in katastrophalen und prekären Verhältnissen fest sitzenden Geflüchteten zu bringen.
Im Februar 2020 war Helga Lenz persönlich vor Ort und hat darüber berichtet.

Geldspenden können wir nach wie vor gut gebrauchen und leiten sie unmittelbar weiter.
Bitte auf unser Konto mit Verwendungszweck „Balkanroute“:
Humanistische Union Lübeck, IBAN: DE79 4306 0967 2053 3955 00, GLS-Bank Bochum

Weitere Informationen sind auch auf der Webseite und der Facebook-Seite des Aachener Netzwerks zu finden.
Hier der Bihać-Blog des Aachener Netzwerks:

HELFEN AUCH SIE!

Mit Ihrer Spende tragen Sie dazu bei, dass geflüchtete Menschen ihre Rechte wahrnehmen können.
Spenden an die Humanistische Union – Beratung für Frauen, Familien und Jugendliche e.V. sind als Sonderausgabe steuerlich abzugsfähig.

Spenden per Banküberweisung bitte an folgendes Konto:

Humanistische Union Lübeck

IBAN:    DE79 4306 0967 2053 3955 00

GLS-Bank Bochum

Verwendungszweck: Bihac

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