Das Projekt NICHT ALLEIN entstand aufgrund einer Lücke im Betreuungssystem der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Diese Lücke basiert auf das ungleiche quantitative Verhältnis zwischen den Amtsvormündern und den ehrenamtlichen Vormündern für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: Obwohl der Gesetzgeber explizit vorsieht (BGB §1666), dass ein ehrenamtlicher Vormund einem Amtsvormund vorzuziehen ist, sind bundesweit im Durchschnitt 70%-80% der Vormünder Amtsvormünder. In Lübeck ist dieses Verhältnis noch negativer, beinahe 100% sind Amtsvormünder (Stand Mai/Juni 2017).
Es besteht daher die Notwendigkeit, dass diese Lücke zugunsten der ehrenamtlichen Vormünder kleiner wird. Ziel des Projekts NICHT ALLEIN ist, dass zumindest der bundesweite Durchschnitt auch in Lübeck erreicht wird.
Warum ist das sinnvoll und erstrebenswert?
Bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen handelt es sich um ein komplexes Handlungsfeld, mit vielen rechtlichen, schnell wechselnden Bestimmungen, was Unsicherheiten bei Fachkräften und Ehrenamtlichen erzeugen kann.
Dazu kommen die spezifischen Problemlagen der jungen Geflüchteten mit Traumatisierung, Sprach- und Schulproblemen, sozialer Isolation, Diskriminierung etc.
Ohne Zweifel tun Amtsvormünder (die oft beim Jugendamt angesiedelt und ausgebildete Sozialpädagog/-innen sind) ihr Bestes und setzen sich engagiert für ihre Mündel ein. Es ist jedoch bei den vielschichtigen Problemen objektiv schwierig, der individuellen Situation der jungen Menschen gerecht zu werden, wenn man als Amtsvormund für mehrere Mündel gleichzeitig zuständig ist.
Außerdem findet die Begleitung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings, auch über sein 18. Lebensjahr hinaus, durch einen Amtsvormund nicht statt. Um den Übergang in die Volljährigkeit adäquat zu gestalten, ist sie jedoch erforderlich. Ein ehrenamtlicher Vormund kann indessen sein Mündel rechtzeitig bei den entsprechenden Fachstellen begleiten, es bei der Suche nach geeignetem Wohnraum und Ausbildungsmöglichkeiten unterstützen und somit gemeinsam mit ihm den Übergang sorgsam gestalten.
Dazu kommt noch, dass Amtsvormünder gegebenenfalls gegen die Entscheidungen ihrer eigenen Kolleg/-innen im Jugendamt eintreten müssen, um die Interessen ihrer Mündel zu wahren. Interessenkonfliktsituationen können dann entstehen.
Aus diesen Gründen sind ehrenamtliche Vormünder erforderlich.
Entscheidend jedoch dafür ist das Vorhandensein einer geeigneten Struktur zur Gewinnung, Aufklärung, Qualifizierung und konsequenten Begleitung von ehrenamtlichen Vormündern. Das Projekt NICHT ALLEIN kann durch seine Arbeit und sein Angebot zur Unterstützung von ehrenamtlichen Vormündern dazu beitragen.